Innovationen in den „Goldenen Zwanzigern“

Die Rheinbahn feiert 2021 Jubiläum: Seit 125 Jahren ist sie ein wichtiger Motor für Düsseldorf und die Region und prägt deren Geschichte entscheidend mit. Grund genug, um im Laufe des Jahres immer wieder einen Blick auf unsere Historie zu werfen. Alle Beiträge dazu findet Ihr hier.
Im letzten Beitrag ging es um die schweren Zeiten des Ersten Weltkrieges.

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg steht die Rheinbahn wirtschaftlich relativ gut dar, weil sie die Schwierigkeiten der Kriegsjahre mit ihren unterschiedlichen Geschäftsfeldern ausgleichen kann. Der städtische Verkehrsbetrieb erwirtschaftet jedoch hohe Verluste. Die Stadt sieht sich aufgrund ihrer eigenen finanziellen Lage nicht in der Lage diese auszugleichen und dringend erforderliche Investitionen durchzuführen. So liegt es nahe, die beiden großen Düsseldorfer Verkehrsunternehmen – die Rheinische Bahngesellschaft und die Städtische Straßenbahn – zusammenzuführen und die sich daraus ergebenden Einsparungsmöglichkeiten zu nutzen.
Die Stadt beauftragt daher Rheinbahn-Direktor Max Schwab mit der Betriebsleitung der Städtischen Straßenbahn, außerdem pachtet die Rheinische Bahngesellschaft zum 31. März 1922 die Städtische Straßenbahn. Insbesondere die Kleinaktionäre der Rheinischen Bahngesellschaft sind nicht erfreut, da sie befürchten, dass die Dividende der Gesellschaft nun in den Aufbau der Städtischen Straßenbahn gesteckt wird.

Die Finanzierung des Krieges und der Reparationen führt ab 1921 zu einer radikalen Geldentwertung (Hyperinflation). Ein Facharbeiter, der rund 8 Mark pro Stunde verdiente, bezahlt Anfang 1921 für die kleinste Teilstrecke bei den Düsseldorfer Bahnen 1 Mark, Ende des Jahres 2 Mark. Zwei Jahre später wird diese kurze Fahrt 50 Milliarden Mark kosten. Erst mit der Einführung der mit Grundschulden gedeckten Rentenmark Ende 1923 kann der Geldwert wieder stabilisiert werden.
Am 28. August 1924 erwartet Düsseldorf wieder eine Weltpremiere: Ein neuer eleganter „Restaurationswagen“ der Rheinischen Bahngesellschaft, fährt ab sofort auf der Linie nach Krefeld Das erste Hotel in Düsseldorf, der renommierte Breidenbacher Hof, bewirtschaftet die Wagen und bietet während der 55 minütigen Fahrt beispielsweise „Kraftbrühe mit Ei, 0,80 RM“, Ölsardinen per Stück, 0,15 RM“ oder eine „Tasse Kaffee, 0,30 RM“ an.

Max Schwab beobachtet auch die Entwicklung eines neuen Verkehrsmittels aufmerksam: den „Automobil-Omnibus“. Busse versprechen gegenüber Bahnen Vorteile: ihre Investitionskosten sind geringer und sie sind flexibel einsetzbar. So können sie dort eingesetzt werden, wo Bahnstrecken nicht oder nur mit hohem finanziellem und zeitlichem Aufwand gebaut werden können.

Nachdem die Städtische Straßenbahn 1910 ihre Buslinie zwischen Bilk und Hamm wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt hatte, sah Max Schwab Anfang der 1920er Jahre die Zeit gekommen mit neu entwickelten Bussen der Braunschweiger Firma Büssing und der Firma DAAG in Ratingen, die Vorteile der Omnibusse für den städtischen Verkehr zu nutzen und damit auch die Position der Rheinischen Bahngesellschaft in der Region zu stärken.

Mit Beteiligung der Städte Mönchengladbach, Remscheid, Solingen und der Rheinischen Bahngesellschaft wird am 6. November 1924 die Rheinische Kraftwagen-Betriebsgesellschaft gegründet. Als Mehrheitsgesellschafter übernimmt die Rheinische Bahngesellschaft die Betriebsführung. Es ist ihr erstes Engagement im Busverkehr. Die Busse fahren am Niederrhein von Mönchengladbach und Heinsberg ausgehend bis in die Niederlande nach Sittard und Roermond und von Düsseldorf ins Bergische Land nach Solingen und Remscheid und an die Ruhr nach Mülheim.

Der erwartete wirtschaftliche Erfolg stellt sich jedoch nicht ein, da die Fahrzeuge für den Überlandbetrieb immer noch zu teuer sind und die Gesellschafter neue Investitionen in Fahrzeuge scheuen. Die Rheinische Kraftwagen-Betriebsgesellschaft muss ihren Betrieb 1930 aufgeben.
Die Rheinische Bahngesellschaft übernimmt einige Busse und die Konzessionen von drei Strecken und betreibt diese weiter:

  • Düsseldorf-Solingen
  • Düsseldorf-Mülheim an der Ruhr
  • Grafenberg-Hilden-Langenberg

Es die Geburtsstunde des eigenen Omnibusbetriebs, den sie nun aufbaut.

Max Schwab führt nicht nur nach außen ein erfolgreiches und innovatives Unternehmen. Für diese Zeit nicht selbstverständlich, erkennt er, dass eine gute Information und Bildung seiner Mitarbeiter wichtige Erfolgsfaktoren darstellen. Um die Kommunikation zwischen der Geschäftsleitung und den Mitarbeitern zu verbessern, gibt er ab 1924 die Werkszeitschrift „Das Rad“ heraus, ein modernes Kommunikationsmedium, das einerseits über den Betrieb informiert, aber auch allgemeinbildende Artikel veröffentlicht. „Das Rad“ ist eine wichtige Informationsquelle für die Mitarbeiter, denn das Lesen einer Tageszeitung ist nicht weit verbreitet, der Rundfunk steckt in den Kinderschuhen und das Fernsehen ist noch gänzlich unbekannt.

Im nächsten Beitrag geht es um die GeSoLei.

Informationen zum Autor:

Hans Männel arbeitet in der Unternehmenskommunikation der Rheinbahn. Sein besonderes Interesse gilt der Geschichte des Nahverkehrs in der Region. Er ist Vorsitzender der „Linie D – Arbeitsgemeinschaft historischer Nahverkehr Düsseldorf“. Die Mitglieder des Vereins haben das Ziel die Düsseldorfer Verkehrsgeschichte – in enger Zusammenarbeit mit der Rheinbahn – „erfahrbar“ zu erhalten.