125 Jahre Rheinbahn: Düsseldorf entdeckt die linke Rheinseite

Die Rheinbahn feiert 2021 Jubiläum: Seit 125 Jahren ist sie ein wichtiger Motor für Düsseldorf und die Region und prägt deren Geschichte entscheidend mit. Grund genug, um im Laufe des Jahres immer wieder einen Blick auf unsere Historie zu werfen. Alle Beiträge dazu findet Ihr hier.
Im letzten Beitrag ging es um die Gründung der Rheinbahn 1896 und den damit verbundenen Brückenbau in Oberkassel und den Betrieb einer elektrischen Schnellbahn nach Krefeld.

Ohne Zustimmung der politischen Gremien in den beteiligten Städten und Gemeinden kann das ehrgeizige Infrastrukturprojekt der Rheinbahn nicht realisiert werden. Insbesondere in Düsseldorf bringt der Bau der Oberkasseler Brücke erhebliche Veränderungen mit sich: Die Lage der Brücke ist so gewählt, dass die rechtsrheinische Brückenrampe nördlich der Altstadt auf dem Gelände des Sicherheitshafens errichtet wird. Der Hafen muss dafür zugeschüttet werden. Auch die Fahrrinne des Rheins muss durch Abbaggerungen verschoben werden, um eine für die Schifffahrt günstige Lage der Strompfeiler zu ermöglichen. Das Düsseldorfer Ufer wird umfangreich ausgebaut und hochwassersicher befestigt. Auf dem Gelände nördlich der Brücke entsteht ein neues Ausstellungsgelände.

So können Bagel, Haniel, Lueg und Vohwinkel und der Düsseldorfer Beigeordnete Wilhelm Marx erst am 5. Februar 1896, kurz vor der Gründung der Rheinischen Bahngesellschaft, das Brückenbau- und Bahnprojekt der Öffentlichkeit vorstellen. Die Zustimmung der Düsseldorfer Stadtverordnetenversammlung erfolgt am 3. März 1896 nach heftigen Diskussionen.

Zahlreiche Auflagen waren mit den Genehmigungen und Konzessionen verbunden. Sie zeigen, dass man sich noch nicht mit dem neuen elektrischen Verkehrsmittel angefreundet hat. Aus heutiger Sicht wurden aber auch Auflagen gemacht worden, die eine positive Entwicklungen der Straßenbahn in der Stadt gefördert haben:

  • Bau einer leistungsfähigen zweispurigen Gleisanlage in Normalspur 1.435 mm innerhalb der Stadt.
  • Kein Pferdebahnbetrieb; kein Lokomotivbetrieb, der „Rauch verursacht“.
    Somit war nur der fortschrittliche elektrische Betrieb möglich.

Kurios ist das Verbot einer Oberleitung zwischen dem Ratinger Tor und dem Endpunkt Haroldstraße. Maste und Drähte passten nach Ansicht der Stadtverordneten nicht in das Stadtbild. Die Stromversorgung der Bahn erfolgte daher über eine dritte stromführende Schiene. Eine Auflage, die aufgrund ihrer hohen Bau- und Betriebskosten und ihrer Störungsanfälligkeit für viele Jahre zu einer großen finanziellen Belastung der Gesellschaft führte.
Auch wird der Rheinbahn der Betrieb von zwei Fährlinien zwischen der Altstadt und Oberkassel mit Dampfschiffen auferlegt, direkt benachbart zur neuen Brücke. Ebenfalls eine kostspielige Angelegenheit, die immer wieder zu Spannungen mit der Stadt und den Schifffahrtsbehörden führen sollte.

Oberkasseler Brücke, 19. Jahrhundert

Am 12. November 1898 wurde die „stehende Brücke“ für den Verkehr freigegeben. In rekordverdächtiger Bauzeit wurde die Oberkasseler Brücke von der Gutehoffnungshütte in (Oberhausen-) Sterkrade nach einem Entwurf von Professor Reinhold Krohn errichtet: Zwei Brückenbögen, die durch gewaltige im prunkvollen wilhelminischen Stil gestaltete Brückenportale begrenzt werden, überspannen den Rhein. In der Rheinmitte blickt ein Bergischer Löwe flussaufwärts nach Köln, ein deutliches Zeichen gegen den Machtanspruch Kölns.

Triebwagen 5

Triebwagen 5 mit Abteilen der zweiten und dritten Klasse im Betriebshof Oberkassel an der Hansaallee.

Innenansicht eines Abteils der zweiten Klasse.

Innenansicht eines Abteils der dritten Klasse.

Nur einen Monat später staunen die Düsseldorfer am 15. Dezember 1898 wieder: Elegante vierachsige Schnellbahnwagen der Rheinbahn nehmen die Verbindung vom Ratinger Tor über die neue Brücke nach Krefeld zur dortigen Endstelle an der Rheinstraße auf. 40 Kilometer in der Stunde erreichten die Züge zwischen den Ortschaften, eine damals für elektrische Bahnen sensationelle Geschwindigkeit. In 60 Minuten wird Krefeld erreicht. Schnellzüge benötigen sogar nur 49 Minuten! Bereits drei Jahre später erweitert das Unternehmen sein Netz um eine weitere Strecke vom Belsenplatz nach Neuss.

Die Rheinbahn befördert ab 1899 auch Güter zwischen den linksrheinischen Orten und Düsseldorf. Über eine Betriebsstrecke in der Ratinger Straße können Güterzüge vom Ratinger Tor zum Rheinwerft fahren. So wird der Transport von Ziegeln aus den linksrheinischen Ziegelleien und von landwirtschaftlichen Produkten zu den Düsseldorfer Märkten oder zum Weitertransport mit Schiff und Bahn deutlich erleichtert.

Die Verwaltung der Rheinbahn, die Werkstätten und Wagenhallen befinden sich in Oberkassel an der Hansaallee. Das dortige Elektrizitätswerk versorgt die Bahnstrecke mit Strom und bringt mit Stromlieferungen an die entstehenden Wohn- und Gewerbegebiete in Oberkassel zusätzliche Einnahmen. Strom in Privathäusern – Oberkassel wird so zum attraktiven Wohngebiet.

Der Bahnhof Oberkassel mit dem damaligen Kraftwerk im Jahr 1898. Heute ist dort die Haltestelle „Comenius-Gymnasium“.

Luftaufnahme vom Betriebshof und Kraftwerk in Oberkassel um 1930.

Die Rheinbahn ist erfolgreich. Ihre einzelnen Geschäftszweige – Personen- und Güterverkehr, Oberkasseler Brücke (Mauteinnahmen), Elektrizitätswerk, Ziegelei und Grundbesitz – entwickeln sich schnell profitabel. So ist die Gesellschaft auch weniger durch den Ersten Weltkrieg und die folgende Besatzungszeit von wirtschaftlichem Stillstand beeinträchtigt.

Welche Verkehrsmittel die Düsseldorfer bereits in der Stadt benutzten – erfahrt Ihr in zwei Wochen im Blog.

Informationen zum Autor:

Hans Männel arbeitet in der Unternehmenskommunikation der Rheinbahn. Sein besonderes Interesse gilt der Geschichte der Nahverkehrs in der Region. Er ist Vorsitzender der „Linie D – Arbeitsgemeinschaft historischer Nahverkehr Düsseldorf“. Die Mitglieder des Vereins haben das Ziel die Düsseldorfer Verkehrsgeschichte – in enger Zusammenarbeit mit der Rheinbahn – „erfahrbar“ zu erhalten.