Für mehr Pünktlichkeit: Wie wir schnell den Daten-Dschungel verstehen
Wenn ein Fahrzeug abends in den Betriebshof einrückt, bleibt es nicht einfach bis zur Ausfahrt am nächsten Morgen stehen: Nachts passiert auf den Betriebshöfen der Rheinbahn alles notwendige, damit Bus oder Bahn am nächsten Morgen wieder sicher und sauber auf Strecke gehen. Vor allem ein System ist nach Abstellen der Fahrzeuge noch längst nicht fertig: das ITCS (Intermodal Transport Control System), so etwas wie der Bordcomputer. Es überträgt alle über den Tag gesammelten Daten, wie zum Beispiel Funkdaten zwischen Fahrzeug und Ampeln – aber insbesondere die Daten der Haltestellen, also Ankunft, Türöffnung, Abfahrt, GPS-Koordinaten oder Signalanforderungen – per WLAN an einen Server.
Ein Blick in den Rückspiegel: Millionen von Datenzeilen
Meine Kollegen und ich, aus dem Bereich Verkehrsqualität und Verkehrstechnik, können mit Hilfe von Excel aus diesen Daten die durchschnittliche Pünktlichkeit einer Linie analysieren. Dazu reichen aber nicht die Daten eines Tages. Ein Unfall oder eine andere große Störung haben natürlich Einfluss auf die Pünktlichkeit eines einzelnen Tages und verfälschen dann die Durchschnittswerte. Es müssen also mehr Daten ausgewertet werden, um Pünktlichkeit bewerten zu können, am besten die eines ganzen Monats, Quartals oder sogar Halbjahres.
Nehmen wir als Beispiel die Buslinie 721 an einem Werktag. Ein einziges Fahrzeug sammelt an einem exemplarischen Tag 13.105 Datenzeilen. Der größte Teil sind Telegramme der Ampelanlagen, 3.520 Datenzeilen sind Haltestellendaten. Rechnet man diesen Wert für alle Busse der Rheinbahn hoch, ergibt das etwa 6.369.030 Datenzeilen an nur einem Werktag, im Monat schon 197.439.930 und in einem Jahr 72.065.574.450 Datenzeilen. Da sagt sogar Excel irgendwann: „Nein, danke!“.
Es war bisher also immer nur möglich, einen kürzeren Zeitraum verhältnismäßig einfach auszuwerten, da allein der Download der Daten bis zu vier Stunden dauern konnte – je nachdem, welchen Takt die ausgewählte Linie hatte. Je dichter der Takt, desto mehr Datenzeilen. Anschließend mussten diese dann „per Hand“ in Excel ausgewertet werden, auch das dauert seine Zeit. Und wir reden hier über nur eine einzige Linie in einer einzigen Richtung.
Blick nach vorn: Vollautomatische Auswertung
Bei einer übergeordneten Bestandsaufnahme in der Qualitätsoffensive, welche die Rheinbahn 2019 startete, wurden diese Schwachstellen des alten Systems besonders deutlich. Ich war verantwortlich für das Handlungsfeld Pünktlichkeit – und so suchten wir ein System, das uns besseren Überblick im Daten-Dschungel verschafft. Nun sammelt eine Software alle Daten täglich vollautomatisch ein und wertet vordefinierte Analysen und Kennzahlen nachts bereits von alleine aus und bereitet diese auf. Und das ist eine große Hilfe! Aus diesen Kennzahlen werden dann in Sekundenschnelle verschiedenste Auswertungen zusammengesetzt. So ist es möglich, sich eine Durchschnittsdarstellung einer Linie innerhalb weniger Sekunden anzeigen zu lassen – auch, wenn dabei ein ganzes Jahr ausgewertet wird. Auch lassen sich Gesamtwerte zum Beispiel vor und nach einem Fahrplanwechsel vergleichen, um festzustellen, ob eine Maßnahme den gewünschten Erfolg erzielt hat oder nicht.
Das Ziel: Die Pünktlichkeit deutlich verbessern
Durch diese schnelleren und übersichtlicheren Analysen ist es nun viel besser möglich, die Bereiche, in denen unsere Busse und Bahnen unpünktlich unterwegs sind, ausfindig zu machen. Aufgabe von uns in der Verkehrsqualität und Verkehrstechnik ist es dann, den Ursachen auf den Grund zu gehen und sie nach Möglichkeit abzustellen – oder, wenn nicht anders möglich, zusammen mit dem Fahrplanbüro über neue Fahrzeiten zu sprechen. Die Grundlage zur Behebung vieler Ursachen ist jetzt präziser.
Das Ergebnis: Lässt sich zu jedem Fahrplanwechsel auf unseren Linien erfahren!
Erste Erkenntnisse aus den neuen Auswertungen haben wir in den Fahrplanwechsel im Januar 2020 eingearbeitet und bei insgesamt 30 Linien leichte Anpassungen an den Fahrzeiten vorgenommen – basierend auf den Auswertungen der neuen Analyse-Software. Beim Fahrplanwechsel am 12. August werden die Fahrzeiten von insgesamt 44 Linien angepasst. Unser Ziel ist es, durch diese Anpassungen die Pünktlichkeit zu stabilisieren.
Informationen zum Autor:
Robin Bertram ist seit 2011 bei der Rheinbahn und hat dort eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb absolviert. Neben der Tätigkeit im Fahrdienst war er für die Unternehmenskommunikation, die Leitstelle und im Stellwerk tätig. Seit 2017 arbeitet er an der Pünktlichkeit und an Beschleunigungsmaßnahmen für unsere Busse und Bahnen.
Und bringt das auch tatsächlich Fortschritte bei der Pünktlichkeit? Ich will z. B. auf ungünstig gestellte Ampeln besonders an Verkehrsknotenpunkten wo es keine Bus-Spur gibt oder auch Baustellen oder Unfälle von Dritten usw. hinaus. Da hat die Rheinbahn doch keinen Einfluss drauf. Höchstens der Streckenverlauf wird geändert. Z. B. 785 während des Berufsverkehrs auf der A46 um nur mal ein Beispiel zu nennen.
Ich glaube es wäre vielen anderen Fahrgästen auch recht, wenn Sie sich auch Gedanken über deren ganzen Streckenverlauf machen würden. Manchmal ist einem eine Verspätung auch recht um noch einen Anschluss zu bekommen von dem man sonst nur noch die Rücklichter gesehen hätte. Denn dann hätte man 19 Minuten warten müssen aber natürlich werden es doch mehr Minuten denn der Folgebus hat dann 10 und mehr Minuten Verspätung wenn man es nicht brauchen kann. Und das kann auch mal nicht von der Rheinbahn sein. Sogar innerhalb Düsseldorfs z. B. Umstieg von und zur DB.
Oder gleich alle Linien mit kürzeren Fahrzeugen alle 3-5 Minuten fahren lassen. Dann ist es wie Wuppertal wo keiner sich ärgert, wenn er von der Schwebebahn die Rücklichter sieht, denn er weiß: In wenigen Minuten kommt die nächste. Damit haben sich die Themen Anschlussmöglichkeiten und Verspätungen erledigt.
Hallo Michael,
natürlich können wir durch diese Analysen Einflüsse zwischen den Haltestellen finden, genau dafür sind sie da. Weicht eine Ist-Fahrzeit sehr stark von der Soll-Fahrzeit ab, muss es auf genau dem Stück ein Problem geben. Das können wir nun anhand verschiedener Uhrzeiten, Vor-Ort-Beobachtungen oder der sogenannten Störhaltanalyse begrenzen: Jedes Fahrzeug, dass länger als eine Sekunde zwischen zwei Haltestellen zum Stehen kommt, wird mit GPS-Position registriert. Dann wissen wir, wo es wie oft hakt und können selbst oder gemeinsam mit der Stadt Düsseldorf – beispielsweise durch veränderte Signalschaltungen, Blockaden gegen Falschparker, Busspuren etc. – Gegenmaßnahmen einleiten.
Viele Grüße Leonie
Hallo Leonie,
das heißt, wenn sich rausstellt, dass in einem bestimmten Zeitraum (Berufsverkehr) außerhalb der Ferien auf der A46 regelmäßig Stau ist, fährt u.a. der 785 zwischen Werstener Dorfstraße und Schönenkamp eine Umleitung, damit ich nicht mit planmäßig 10 Minuten Verspätung aus der Firma los gehen brauche weil ich weiß, dass der 785 10 Minuten Verspätung haben wird? Oder noch schlimmer, nicht immer die gleiche Anzahl von Verspätungsminuten sodass ich mich nicht darauf einstellen kann.
Das mit den 10 Minuten war mal mehrere Wochen so, hab aber zum Glück Gleitzeit. 🙂
Viele Grüße
Michael
Hallo Michael,
wenn eine Buslinie im Berufsverkehr Probleme hat, greift die Leitstelle ein. Eine Umleitung, die nicht über die Autobahn führt, würde ja automatisch länger dauern, da muss der Stau schon sehr schlimm oder die Autobahn gesperrt sein.
Die regulären Verkehrsverhältnisse (auch stärkerer Verkehr) werden aber mit analysiert und fließen in einem gewissen Umfang mit in den Fahrplan. Einen Stau aber voll umfänglich berücksichtigen, würde jedoch bedeuten, dass der Bus an Tagen ohne Stau unnütz lange an der Haltestelle nach der Autobahn auf seine Abfahrtszeit warten muss. Um so etwas aufzufangen, bauen wir auf einigen langen Linien, unter anderem auch auf der Linie 785, nun größere Pufferzeiten an wichtigen und zentralen Haltestellen ein, zum Beispiel Hilden Süd S. So können Anschlüsse verbessert und Verspätungen gezielt aufgefangen werden.
Viele Grüße
Leonie
Hallo, ich habe mal einige Fragen. Wie entscheidet ihr dass ein Bus oder Bahn um zum Beispiel um 12:02 an meiner Haltestelle und nicht um 12:08 Uhr? Und wie wir eine Taktung erstellt, dass 10Min-Takt ist anstatt 15 oder 20 Minuten?
Danke für die Antworten!
Hallo Thomas,
dazu haben wir auch einen Blogbeitrag geschrieben. Dort werden Deine Fragen beantwortet: https://blog.rheinbahn.de/2017/01/18/kniffelig-kniffeliger-fahrplan/
Viele Grüße
Leonie
Danke für die Erklärung. Sehr verständlich! Weiter so
Interessanter Artikel. Kurios, dass ihr bis vor kurzem noch mit Excel gearbeitet habt Könnt ihr verraten, wie die neue Software heißt?
Interessanter Einblick insgesamt – danke dafür!
Hallo Peter,
es freut uns natürlich, dass Dir unser Blogbeitrag gefällt. Die neue Software heißt Opal.
Viele Grüße
Leonie Nitsch