Automatisch durch den Tunnel – wie geht das eigentlich?

Zwischen der Ronsdorfer und der Kaiserslauterner Straße im Südosten Düsseldorfs und der Tonhalle und dem Kennedydamm im nördlichen beziehungsweise westlichen Teil der Stadt erstreckt sich einer unserer zwei U-Bahntunnel. Die Strecken kurz davor und durch den Tunnel sind sogenannte LZB-Strecken. Die Abkürzung steht für „linienförmige Zugbeeinflussung“ und meint, dass die Züge auf der gesamten Strecke von der Technik beeinflusst und somit auch von dieser „gefahren“ werden.

Viele Fahrgäste merken das gar nicht, der Fahrer sitzt auch weiterhin vorn in der Bahn, überwacht die Abläufe und kann jederzeit eingreifen und das Fahren wieder selbst übernehmen. Das ist aber theoretisch gar nicht nötig, denn die LZB ist eine Form der Zugsicherung – und Zugsicherungssysteme sind die sichersten Systeme für das Bahnfahren im Tunnel. Unter anderem, weil es die Bahnen abbremsen kann und auf Sicherheitsabstand zueinander hält. So können die Bahnen im dunklen und kurvigen Tunnel trotzdem bis zu 70 km/h fahren, ohne dass die Gefahr eines Auffahrunfalls besteht, sollte die Vorgänger-Bahn aus irgendeinem Grund noch auf der Strecke stehen.

Auch die Einfahrt in das Nadelöhr „Düsseldorf Hauptbahnhof“ wird so automatisch geregelt. Denn immerhin kommen aus den zwei südöstlichen Tunnelröhren die U74, U75, U77 und U79 sowie die Bahnen der U70, U76 und U78, die aus der Kehranlage kommen und am Hauptbahnhof starten. Je nachdem wie die Fahrplanlage ist, kommen die Bahnen in dichtem Takt hintereinander und müssen sich auf die beiden Gleise am Hauptbahnhof verteilen.

Damit es hier nicht zu Unfällen oder langen Wartezeiten kommt, regelt das System die Einfahrt. Viele Fahrgäste kennen es, dass ihre Bahn dann kurz vor der Einfahrt in den Hauptbahnhof abgebremst wird und kurze Zeit warten muss. Je nachdem an welchem Signal im Tunnel angehalten wird, kann man dann schon den Hauptbahnhof und das noch besetzte Gleis sehen. Fährt die Vorgänger-Bahn los, geht es auch für die wartende Bahn weiter und sie fährt in die Haltestelle ein.

Drei Komponenten des LZB-Systems
Damit das LZB-System funktioniert, braucht es drei Komponenten: Einerseits das Stellwerk, dass die Fahrstraßen – also die richtige Weichenlage – für die Bahnen im Tunnel legt. Dann die Operationszentrale (OPZ), die dann die Bahnen sicher über die vom Stellwerk gelegten Fahrstraßen führt. Die dritte Komponente ist der Zuglenkrechner. Er ist mit den Daten der Fahrpläne gefüttert und gleicht die Positionen der Bahnen ständig mit der OPZ ab. Die OPZ meldet während der Fahrt durch den Tunnel also ständig: Die Bahn X befindet sich gerade an dieser Stelle im Tunnel, in Ordnung? Der Zuglenkrechner überprüft das dann anhand der Fahrplandaten und meldet zurück: Ja, das ist genau richtig, die Bahn soll Signale zur Weiterfahrt bekommen. Oder aber: Nein, diese Bahn soll erst in zwei Minuten hier sein – dann stoppt die OPZ die Bahn im nächsten U-Bahnhof, bis sie wieder im Fahrplan ist. Zu frühe Fahrten sind innerhalb des LZB-Bereichs also nicht möglich.

Damit der Zuglenkrechner und die OPZ die Bahnen richtig erkennen und zum Beispiel am Abzweig hinter der Haltestelle „Heinrich-Heine-Allee“ entweder auf die Nordstrecke Richtung Messe und Arena oder aber über die Brücke nach Oberkassel schicken, hat jede Bahn zusätzlich zu ihrer Liniennummer und ihrer Kursnummer noch eine Codierung. Sie besteht aus einem Grobziel, dem Ort, und einem Feinziel, dem Gleis, wo die Bahn ankommen soll. Ist diese Codierung richtig, erkennt das LZB-System die Bahn und gibt ihr automatisch alle richtigen Signale und das Stellwerk legt ihr die richtige Fahrstraße für die Fahrt durch den Tunnel.

Was macht eigentlich ein Stellwerker?
Dieses System wird in unserer Leitstelle rund um die Uhr überwacht, und zwar vom Stellwerker. Dieser kann jederzeit eingreifen und zum Beispiel einen Zug manuell anhalten oder anders leiten. Wenn zum Beispiel die Fortuna spielt und viele U-Bahnen auf der Arena-Strecke pendeln, dann kann der Stellwerker den Zug zwischen zwei Haltestellen über die freie Strecke der Gegenrichtung lenken, um einen Stau im Tunnel zu vermeiden. Ansonsten sind die Hauptaufgaben des Stellwerkers das permanente Überwachen des LZB-Systems und das Annehmen von Funkrufen der Fahrer, wenn sie im Tunnelbereich ein Problem haben, kein Abfahrsignal bekommen und nicht weiterfahren können. Dann fragt der Fahrer beim Stellwerk nach, warum es nicht weitergeht. Das passiert zum Beispiel, wenn der Fahrer eine falsche Codierung am Zug hat. Dann überprüft und korrigiert der Stellwerker das und die Tunnelfahrt kann weitergehen.

Was viele gar nicht wissen: Auch außerhalb unseres U-Bahntunnels gibt es noch eine weitere LZB-Strecke – und zwar auf den Linienwegen der U70, U74 und der U76 zwischen den Haltestellen „Lörick“ und „Krefeld, Grundend“. Auch wenn hier kein Tunnel ist, muss dieser Bereich aufgrund der automatischen Zugbeeinflussung vom Stellwerker überwacht werden.

Punktförmige Zugbeeinflussung
Seit dem 21. Februar 2016 fahren wir durch einen zweiten Tunnel in Düsseldorf, zwischen dem S-Bahnhof Wehrhahn und dem Bilker Bahnhof. Für Tunnel sind immer größere Sicherheitseinrichtungen gefordert als an der Oberfläche. Schließlich ist zeitweise die Sicht durch Kurven eingeschränkt und Entfernungen nicht immer gut einschätzbar, weil Bezugspunkte fehlen. Deshalb schreibt die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) auch für den neuen Wehrhahntunnel eine Zugbeeinflussung vor. Diese weicht aber von unserer bisher eingesetzten Linienzugbeeinflussung (LZB) ab: Die Fahrer steuern die Züge im neuen Tunnel selbst, denn hier kommt nur eine punktförmige Übertragung (PZB) mit kontinuierlicher Überwachung zum Einsatz.

Dabei zeigen sogenannte Hauptsignale die Fahraufträge für die Fahrer an, ähnlich den Ampeln im Straßenverkehr in den bekannten Farben Rot, Gelb und Grün. Rot, logisch, steht für Halt. Grün steht für Fahrt frei, grün mit gelb bedeutet Fahrt frei, aber nur mit reduzierter Geschwindigkeit. Diese Geschwindigkeit darf bis zum Erreichen des nächsten Signals nicht überschritten werden, sonst greift das System ein und bremst den Zug unter die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ab. Würde ein rotes Signal nicht beachtet, wird der Zug vom System sofort zwangsgebremst. Auch das wird von einem Stellwerker in unserer Leitstelle überwacht.

Ab Mitte 2018 wird die PZB dann auch das jetzige LZB-System im Tunnel um den Hauptbahnhof ersetzen. Bis alle Fahrzeuge, die Tunnelstrecke auf der Linie U79 in Duisburg (ebenfalls LZB) und die Strecke nach Krefeld auch entsprechend umgebaut sind, werden beide Systeme zusammen arbeiten. Hierzu finden bereits umfangreiche Testfahrten in den nächtlichen Betriebspausen statt, die der Stellwerker ebenfalls überwachen muss.

Umstellung auch für die Fahrer
Unsere Fahrer mussten vor Inbetriebnahme des Wehrhahntunnels übrigens für dieses System extra geschult werden. Denn die Geschwindigkeit im Tunnel ist höher als an der Oberfläche, die Strecke jedoch erstmal unbekannt und schwer einschätzbar. Auch der Umgang mit den neuen Signalen muss geübt werden – genauso wie das Gefühl, die Bahn zwar selbst zu fahren, aber vom System eventuell zwangsgebremst werden.